Freitag, 22. August 2014

Welche bekannte Literaturfigur hätte deiner Meinung nach viel früher sterben sollen und warum?

Das ist natürlich eine etwas heikle Frage. Natürlich gehört es sich nicht, jemandem einen frühen Tod zu wünschen. Zumindest nicht öffentlich. Aber bei einer Literaturfigur kann man schon mal eine Ausnahme machen. Schließlich kann die ja nichts davon mitbekommen. Und der Autor, der die Figur geschaffen hat, kann so etwas ja nur als Kompliment auffassen. Schließlich ist ihm da offensichtlich eine äußerst unangenehme Person gelungen.
Martin Suter ist, wie ich finde, in seinem Roman „Lila, Lila“ eine solche Figur gelungen. Ich meine Jacky Stocker, den selbsternannten Agenten des unfreiwilligen Autors David Kern. Denn er schafft es, sich innerhalb kürzester Zeit in Davids Leben einzuschleichen. Im 28. Kapitel steht: „Seit ihrer ersten Begegnung war er praktisch an jedem Tag aufgetaucht, an dem David nicht auf Lesereise war.“ Er ist also aufdringlich, ja geradezu penetrant, was allein schon ziemlich unangenehme Eigenschaften sind.
Doch dann geht Jacky Stocker noch weiter. Er setzt David mit seinem Wissen über das gefundene Manuskript unter Druck. Er will „an unserem gemeinsamen Erfolg teilhaben“. Und dabei spricht er von finanziellen Zuwendungen. Von jetzt an läßt er sich von David aushalten, gibt sich als sein Agent aus und belastet seine Beziehung zu Marie. Jacky Stocker gibt sich nicht damit zufrieden, regelmäßig Geld zu bekommen. Nein, er will immer mehr. Mehr Einfluss, mehr Erfolg, mehr Macht über David.
Während des gesamten Romans habe ich immer wieder gedacht, dass dieser Mann nur verschwinden müsste, und David alle seine Probleme los wäre. Natürlich stimmt das nicht ganz. Schließlich ist David trotzdem nicht der, für den er sich ausgibt. Aber er würde es nicht tagtäglich so schmerzhaft spüren. Und vielleicht würde es sogar nie jemand erfahren. Und vielleicht hätte seine Beziehung zu Marie dann auch gehalten…
Wer weiß es? Martin Suter eventuell. Aber vielleicht nicht einmal der. Jacky Stocker stirbt im Buch tatsächlich, aber da ist die Geschichte schon so verfahren, dass ein Happy End für David nicht mehr möglich ist. Zumindest keins, bei dem alles nach Wunsch verläuft. Vermutlich wäre die Geschichte mit Jackys früherem Tod lange nicht so spannend geworden. Aber man kann ja trotzdem mal drüber nachdenken.
Mein Kandidat für den Posten eines zu spät gestorbenen Bücherhelden: Jacky Stocker. Und Deiner?

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