Donnerstag, 13. August 2015

Aus dem Leben eines Schreibenichts (4)

Eigentlich könnte man meinen, dass bei einem Schriftsteller, der gerade nicht an einem neuen Werk arbeitet (ja, so etwas gibt es durchaus), die Ideen nur so sprudeln würden. Immerhin braucht er sein Gehirn dann nicht für die Schaffung einer Geschichte oder die Konzeption einer Figur. Vielleicht hat er sogar noch einen nicht besonders kreativen anderen Job, der ihm in punkto Schöpfertum viel Freiraum lässt.
Ein Schriftsteller, der gerade nicht schreibt, müsste sich also vor neuen Einfällen kaum retten können. Leider ist das aber nicht unbedingt so. Zumindest bei mir nicht. Wenn ich nicht schreibe, habe ich auch deutlich weniger Ideen als wenn ich an einer Geschichte arbeite. Viele Ideen kommen erst beim Schreiben. Wenn der Anfang gemacht ist, ergibt sich oft aus dem Geschriebenen das Folgende und so weiter.
Zu Beginn meiner Autorenlaufbahn war ich der Meinung, ich könnte erst mit dem Schreiben beginnen, wenn sich die Ideen in meinem Kopf zu einem zusammenhängenden Ganzen formiert hatten. Doch schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass Schreiben so nicht funktioniert – zumindest bei mir nicht. Meistens ergibt sich erst beim Schreibvorgang die aus den Ereignissen resultierende Geschichte. Fast so als würde man sie in Echtzeit erleben.
Die Nicht-Schreib-Phase eines Schriftstellers wird also oft nicht von den Ideen, sondern vom Schreiben an sich beendet. In den Phasen des Nicht-Schreibens sind die Ideen nämlich meist äußerst rar. Beginnt man jedoch einfach mal mit dem Aufschreiben eines ersten Gedankens, sprudeln die Einfälle oft als hätten sie nur auf diesen Startschuss gewartet.
Man sollte sich also als Schreibenichts auf keinen Fall vom Ausbleiben neuer Ideen ins Bockshorn jagen lassen. Lieber einfach mal hinsetzen und mit einem Gedanken – und sei er auch noch so klein – anfangen. Oft ist man dann überrascht, wie schnell aus einem kleinen Gedanken ein zweiter und noch einer und schließlich eine ganze Geschichte wird…

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